Steigende Preise für Gebrauchtwagen - Woran liegt das© depositphotos.com, Bokstaz

Steigende Gebrauchtwagenpreise – Entwicklung der letzten Jahre und Zukunftsaussichten

Der Gebrauchtwagenhandel boomt zurzeit. Insbesondere Materialmangel sowie Lieferengpässe in der Autoindustrie führen zu dem verstärkten Interesse an Fahrzeugen aus zweiter Hand. Je größer es wird, desto mehr ziehen die Preise an. In manchen Fällen ist ein gebrauchtes Auto sogar teurer als ein Neuwagen. Laut einer aktuellen Studie müssen Käufer beispielsweise für ein dreijähriges Gebrauchtfahrzeug fast ein Drittel mehr auf den Tisch legen als vor einem Jahr.

Der extreme Trend zum Kauf von Gebrauchtwagen führte zu einem rasanten und deutlichen Preisanstieg.

Zwei Beispiele zur Veranschaulichung

Wie gewaltig die Preisunterschiede für drei Jahre alte Autos zwischen dem Vorjahr und 2022 sind, zeigen folgende Beispiele:

  • Diesel-Fahrzeuge – die Preise für Gebrauchtwagen aller Marken und Segmente stiegen um 31,8 Prozent auf durchschnittlich 28.960 Euro an
  • Benziner – 27.900 Euro wurden sie im Durchschnitt teurer, somit um 30,1 Prozent

Hintergründe für die erheblichen Preisanstiege

Die Hauptgründe für die steigenden Gebrauchtwagenpreise sind Corona, Teilemangel und die Chipkrise, die zu einem eingeschränkten Angebot an Fahrzeugen führten. Lieferengpässe und die damit einhergehende rückgängige Produktion belasten gleichfalls den Gebrauchtwagenmarkt. Deshalb verringerte sich auch in diesem Bereich die Fahrzeugauswahl erheblich. Darüber hinaus müssen Hersteller von Elektroautos zum Erreichen der Klimaziele mehr E-Autos als zuvor vom Band laufen lassen – die Konsequenz: weniger andere Fahrzeuge können auf den Markt kommen.

Das begrenzte Angebot an Gebrauchtwagen und die hohe Nachfrage sorgen auch für Interesse an Fahrzeugen, die älter als drei Jahre sind. Auch bei ihnen ist ein markanter Preisanstieg feststellbar. Weiterhin sind Käufer mittlerweile bereit, für Autos mit einer verhältnismäßig hohen Laufleistung mehr Geld als früher auszugeben. Vor allem für ältere Diesel-Fahrzeuge bezahlen sie deutlich mehr. Der Marktbeobachter DAT sieht aktuell stagnierende Fahrzeugpreise. Allerdings sagte er, dass nicht sicher sei, ob dies so bleibe.

Dank günstiger Kreditzinsen ist für zahlreiche Verbraucher noch immer ein Gebrauchtwagenkauf möglich

Die seit vielen Jahren anhaltende Niedrigzinspolitik ermöglicht mehr Menschen als früher, eine teurere Anschaffung zu machen. Seit es Kredite zu besonders günstigen Konditionen gibt, investiert die deutsche Bevölkerung nicht nur vermehrt in Immobilien, sondern finanziert auch häufig ihr Fahrzeug über ein Geldinstitut. Gemäß einer aktuellen Studie des Bankenfachverbandes nahmen 30 Prozent der Befragten einen Kredit für den Kauf eines Gebrauchtwagens auf. Für einen Neuwagen nutzen rund 35 Prozent eine Finanzierung. Die nachstehende Grafik mit Tipps zum Autokredit zeigt übersichtlich auf, was Verbraucher über das Thema Fahrzeugfinanzierung wissen sollten.

Tipps zum Autokredit, Grafik
© finanzcheck.de

Gleich, ob man sich mithilfe eines Autokredits einen Neu- oder einen Gebrauchtwagen finanziert, die Nutzung eines Online-Kreditvergleiches ist empfehlenswert. Es gibt einige Unterschiede im Bereich der Konditionen, wobei Direktbanken in der Regel die lukrativsten Angebote bereithalten.

Preisentwicklung im Gebrauchtwagensektor von 2010 bis 2020

Seit dem Jahr 2010 sind mit Ausnahme von 2012 und 2017 die durchschnittlichen Kaufpreise für Gebrauchtwagen in Deutschland stetig angestiegen. Die genauen Zahlen gestalten sich wie folgt:

  • 2010: 8.790 Euro
  • 2011: 9.740 Euro
  • 2012: 9.150 Euro
  • 2013: 9.420 Euro
  • 2014: 9.870 Euro
  • 2015: 10.620 Euro
  • 2016: 11.430 Euro
  • 2017: 11.250 Euro
  • 2018: 11.780 Euro
  • 2019: 12.470 Euro
  • 2020: 14.730 Euro

Ukraine-Krieg sorgt für weitere Lieferengpässe

Seit dem Jahr 2021 steigen die Gebrauchtwagenpreise in einem rasanten Tempo an. Monat für Monat erhöhen sie sich in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit. Nicht nur in Deutschland, sondern auch im gesamten europäischen Raum sind sie auf ein Rekordhoch geklettert. Zunächst waren vor allem die Lieferengpässe bei den Neuwagen-Herstellern verantwortlich, die auf die Knappheit an Halbleitern während der Corona-Pandemie zurückzuführen war. Hinzu kommt nun der Ukraine-Krieg, der Grund für fehlende Kabelbäume für Fahrzeuge ist. Darüber hinaus sorgt die schnell ansteigende Inflationsrate europaweit für die unglaublich hohen Gebrauchtwagenpreise.

Bei welchen Automarken liegt ein überdurchschnittlicher Preisanstieg vor?

Extrem teuer sind momentan insbesondere Neu- und Gebrauchtfahrzeuge von Premiumherstellern, darunter:

  • Audi
  • BMW
  • Mercedes

Begründet werden die hohen Preise – ebenso wie seit geraumer Zeit – mit dem Fehlen von Halbleiterchips sowie weiteren wichtigen Bauteilen, die allesamt aus der Ukraine stammen. Daraus resultiert ein Mangel an Neuwagen, der zu dem großen Boom auf dem Gebrauchtwagenmarkt führt. So gibt es beispielsweise gewaltige Unterschiede bei der Standzeit eines gebrauchten Fahrzeuges zwischen 2021 und 2022. Während sie im Januar des vorigen Jahres 100,6 Tage betrug, waren es im April 2022 nur 72,5 Tage. Im darauffolgenden Monat verringerten sich die Standtage für Gebrauchtfahrzeuge um weitere 4,3 Prozent, die für knapp drei Tage weniger stehen.

In der Geschäftswelt gilt ausnahmslos: Die Nachfrage bestimmt den Preis und das gilt auch für die Autobranche. Laut dem Gebrauchtwagen-Preis-Index der AutoScout24 GmbH wurden folgende Zahlen verzeichnet:

  • einen Preissprung von 3,5 Prozent innerhalb nur eines Monats auf 63.029 Euro im Durchschnitt gab es bei den Oberklasse-Modellen
  • gegensätzlich präsentierten sich Sportwagen, sie standen im April 2022 um 2,8 Prozent günstiger im Angebot, damit lag der Durchschnittspreis bei 62.972 Euro
  • auf der anderen Seite wurde ein Preisanstieg um 1,9 Prozent auf durchschnittlich 39.286 Euro für Jahreswagen festgestellt
  • um 2,2 Prozent erhöhten sich die Kaufpreise für ein- bis dreijährige Gebrauchtwagen
  • stark zugelegt haben zudem die Preise für das beliebte Alltagsauto VW Golf, ein Gebrauchtwagen wird zurzeit für 18.542 im Durchschnitt gehandelt; im März 2022 kostete er 447 Euro weniger, ein Jahr zuvor war er mit 12.025 Euro sogar 35 Prozent günstiger
  • der größte Preissprung innerhalb nur eines Monats fand beim Audi A6 statt: von Januar bis März 2022 änderte sich der Durchschnittspreis um 3,4 Prozent auf 32.449 Euro

Mögliche Stabilisierung der Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt

Experten sprechen zwar noch nicht von einer Trendwende, jedoch sieht es momentan so aus, als gäbe es zumindest eine Preisstabilisierung. Die Nachholeffekte, die sich auf die Chip-Krise begründeten, finden nach und nach ein Ende. Jedoch scheint ein Problem das andere nach sich zu ziehen, denn nunmehr stehen Autofahrer und Co. vor hohen Benzinpreisen aufgrund des Ukrainekrieges – infolgedessen steigen auch die Preise der gebrauchten Hybrid- und Elektroautos an.

So kosteten Stromer im April 2022 mit einem Preis von 45.071 Euro im Durchschnitt 13,8 Prozent mehr als im März. Im gleichen Zeitraum verteuerten sich Hybrid-Fahrzeuge um 1,4 Prozent auf durchschnittlich 41.998 Euro. Für eine mögliche Stabilisierung sprechen die relativ gering angestiegenen Angebotspreise der benzin- und dieselbetriebenen Autos von März bis April 2022:

  • der Preis für Diesel-Fahrzeuge stiegt um lediglich 0,2 Prozent auf 29.279 Euro im Durchschnitt
  • der Preis für Benziner erhöhte sich durchschnittlich um 0,7 Prozent auf 29.279

Besonders empfehlenswert für preisbewusste Verbraucher, die gerade auf der Suche nach einem neuen Auto sind, ist ein Erdgasfahrzeug. Die Anschaffungskosten liegen unverändert bei 17.616 Euro im Durchschnitt. Gleiches gilt im Bereich der LPG-Autos (Liquefied Petroleum Gas = Flüssiggas), eine Preissenkung von etwa 0,8 Prozent auf 16.576 Euro wurde verzeichnet.

Einsparungsmöglichkeiten beim Gebrauchtwagenkauf trotz hohem Preisniveau

Wer nicht allzu viel Geld für ein Second-Hand-Fahrzeug ausgeben möchte, sollte flexibel bei der Auswahl sein. Autofahrer, die sich an einer beliebten Marke oder einem begehrten Traummodell festbeißen, müssen in der Regel tief in die Tasche greifen. Aber nicht nur der Verzicht auf das Lieblingsfahrzeug ermöglicht Einsparungen, sondern auch, wenn man von Ausstattung, Farbe, Getriebe und Motor abweicht.

Ein gutes Beispiel für eine interessante Kaufalternative gibt es unter den Kompakt-SUV. Während man für einen VW Tiguan mit verhältnismäßig hohen Anschaffungskosten rechnen muss, können unter anderem ebenso kompetente Alltagsbegleiter wie der Nissan Quashqai, Peugeot 3008 und Hyundai Tucson um einiges günstiger sein. Entscheiden sich Autokäufer für eine ausländische Marke profitieren sie von einer geringeren Nachfrage, die sich insbesondere auf deren hohen Wertverlust in den ersten Jahren begründet. Deshalb zählen diese jungen Gebrauchtfahrzeuge in der Regel zu den finanziell interessanten Schnäppchen.

Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt
Mit deutlich höheren Preisen im Vergleich zu anderen Fahrzeugen ist für Autos von Premiumherstellern zu rechnen. © depositphotos.com, stadtratte

Sowohl der Umwelt als auch dem eigenen Geldbeutel zuliebe sind zudem Elektroautos interessant. Sie verlieren gleichfalls aufgrund ihrer staatlichen Förderung schnell an Wert. Die Innovationsprämie beträgt zurzeit bis zu 9.000 Euro. Selbst, wenn lange Lieferzeiten im Raum stehen, lohnt sich geduldiges Abwarten im Hinblick auf einen sparsamen Autokauf in jedem Fall. Auch die sogenannte Treibhausminderungsquote tut dazu ihr übriges. Besteht Zugriff auf eine Lademöglichkeit und kommt man mit den verfügbaren Reichweiten zurecht, bietet sich die Anschaffung eines gebrauchten Nissan Leaf oder Renault Zoe an – sie gelten aktuell als außergewöhnlich lukrative Sonderangebote. Was viele Menschen nicht wissen, selbst für Second-Hand-E-Fahrzeuge gibt es einen Zuschuss aus der Staatskasse, jedoch mit einer Einschränkung: Die Erstzulassung des betreffenden Elektroautos muss nach dem 4. November 2019 erfolgt sein.

Einsparungen beim Fahrzeugkauf lassen sich darüber hinaus im Bereich der Reimporte vornehmen. Die entsprechenden Autos, die für andere Märkte gefertigt wurden, werden oft günstiger als ihre deutschen Kollegen verkauft. Teils lohnt sich sogar die Anschaffung eines Neuwagens, da der Preis manchmal sogar unter dem für ein einjähriges Fahrzeug in Deutschland liegt. Wer diese Variante bevorzugt, sollte allerdings sein Augenmerk auf die möglichen Unterschiede bei der Sicherheitsausstattung legen.

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