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Hahnenkampf im VW-Konzern: Reges Treiben zwischen Piëch und Winterkorn

Manchmal ist es überraschend, wie viel einige wenige Worte medienwirksam bewegen können. Wer die zuletzt geführte Debatte um die Besatzung des VW-Vorstandsvorsitzenden verfolgt hat, bekommt ein Paradebeispiel von Machtkampf geboten. Die Frage ist nur: Wer steht im Nachgang wirklich als Verlierer im VW-Konzern da?

Piëch markiert Vertrauensverlust im VW-Konzern

Die Geschichte beginnt mit einem einfachen Zitat von Ferdinand Piëch, welches der Spiegel abdruckte. Darin sagt der bis dato amtierende Aufsichtsratsvorsitzende, er sei auf Distanz zum Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn gegangen. Solch ein kurzes Wortgefecht muss erst einmal gar nichts bedeuten, es kann aber auch alles sein. Für die hiesige Medienwelt schien letzteres die Prämisse zu sein, er verging kein Tag an dem nicht weiter über die Gerüchteküche berichtet und Spekulationen über einen Machtwechsel vorangetrieben wurden. Dickhäuter an der Spitze eines VW-Konzerns sollten mit dem medialen Druck eigentlich bestens zurecht kommen, allerdings ließ die Aussage Piëchs auch intern einige Mitglieder des Aufsichtsrats aufschrecken.

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Hier waren sich Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn im VW-Konzern noch grün.

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Die Macht im VW-Konzern wollte er einfach nicht verlieren: Ferdinand Piëch.Zum besseren Verständnis muss man an dieser Stelle einen Schritt zurück gehen: Winterkorn galt lange Zeit als Ziehsohn Piëchs im Hause Volkswagen, der es vom einfachen Ingenieur über weite Wege hin zur Spitze des Konglomerats gebracht hat. Dies ist einerseits sicherlich seiner Expertise im technischen Bereich, andererseits aber auch internen Sympathien bei entscheidenden Persönlichkeiten mit entsprechendem Posten geschuldet – nicht zuletzt dem von Chefkontrolleur Piëch. Wie kaum ein anderer, konnte auch er sich immer wieder im Geflecht des Porsche-Piëch-Clans mit weisen Handlungen und williger Entscheidungskraft durchsetzen.

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Nach wie vor gesichert an der Vorstandsspitze des VW-Konzerns: Martin Winterkorn.

Der VW-Konzern im Umbruch?

Ohne seine Überzeugung von einem aufstrebenden globalen Unternehmen, wäre der VW-Konzern sicherlich nicht da wo er heute steht. Allein im PKW-Segment gehören mittlerweile etliche Marken zum Hause Volkswagen, neben dem eigenen Label selbstredend Audi, Skoda und Seat, aber auch Lamborghini, Porsche und Bugatti sind feste Bestandteile. Zudem wurde noch unter Piëchs Herrschaft im Vorstand eine Ausweitung auf das LKW-Geschäft betrieben, in dem heute MAN und Scania ebenfalls Konzerntöchter darstellen. Die Markenstruktur dürfte sich durch den Hahnenkampf zwar nicht negativ beeinflusst sehen, allerdings ist ein Automobilgeschäft auch Zukunftssache – und die Konkurrenz aus Fernost schläft nicht.

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Umso ungünstiger, dass nun ein vermeintlicher Machtkampf zwischen den Platzhirschen Winterkorn und Piëch geführt wird. Die Distanz, die der Aufsichtsrats-Boss im Spiegel benennt, ist prinzipiell ja üblich. Schließlich soll ein Aufsichtsrat gewissermaßen das parlamentarische Kontrollgremium für die Entscheidungen des Vorstands spielen. Gemeint war allerdings eher, dass er der Vorstandsspitze damit das Vertrauen entzieht. Und das hört keine Führungskraft der obersten VW-Konzern-Riege gerne, schon gar nicht wenn sie sich bisweilen wenig hat zu Schulden kommen lassen.

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Womöglich ist der „alte Mann“ zu weit gegangen

Viele schätzen die VW-Herren in ihrer bisherigen Funktion durchaus. Dass aber ausgerechnet Ferdinand Piëch ein falsches Spiel hinter den Rücken seiner Mitstreiter beginnt, schien die meisten kühl überrascht zu haben. Bisweilen galt es nämlich als gesichert, dass Martin Winterkorn nach seinem Amt als Vorstandsvorsitzender selbige Funktion im Aufsichtsrat übernehmen wird. Über eine zeitliche Komponenten wurde zwar der Mantel des Schweigens gelegt, der Gedanke schien Piëch aber dermaßen gegen die Hutschnur zu gehen, dass er mit seinen gestandenen 78 Jahren nochmal etliche Kraft zum „Gegenschlag“ zusammen nahm.

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Beim Vertrauensentzug blieb es jedoch nicht: Im Verborgenen wurde bereits der Porsche-Chef Matthias Müller gebeten, sich doch für einen möglichen Wechsel an die Spitze des VW-Konzerns bereit zu halten. So perfide wie dieser von Piëch erdachte Umschwung eingefädelt wurde, so sehr ging die Planung kurzerhand auch den Bach hinunter. Nicht nur die Vorstandskollegen von Winterkorn brachte der Kontrolleur des VW-Konzerns damit gegen sich auf, auch die Aufsichtsräte wandten sich gegen ihren Vorgesetzten und sprachen hingegen Winterkorn ihr uneingeschränktes Vertrauen aus. Bekräftigt wurde dies durch ein Angebot, den Vertrag für den Vorsitzenden des Vorstands bis 2016 zu verlängern.

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Er kam, sah und trat zurück!

Im gleichen Atemzug richteten sich die Handlungen des Aufsichtsrates aber auch gegen ihren Boss, Ferdinand Piëch. Dieser schien nun als Spitze seines Gremiums ebenso wenig mehr tragbar wie die versuchte Absetzung Martin Winterkorns. Um weiteren Image-Schaden vom VW-Konzern abzuwenden, legte man ihm somit seinen Rücktritt nahe. Gerechnet hatte er damit so schnell sicherlich nicht, konnte er doch in den Dekaden seiner Herrschaft nahezu machiavellistisch regieren, bestimmen und entscheiden. Doch der Druck auf ihn nahm nicht nur intern, sondern ebenso medial zu.

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Schlussendlich gab Piëch sämtliche Ämter ab. Im Gesamtaufsichtsrat des VW-Konzerns übernahm interimsmäßig Berthold Huber, sein bisheriger Stellvertreter, doch auch sonstige Posten legte der altgediente Chefkontrolleur auf einen Schlag nieder. Damit ist vorerst wieder Ruhe in die Führungsriege von Volkswagen eingekehrt, dennoch verliert das Unternehmen eine seiner stärksten Persönlichkeiten. Ohne sie wäre eine Erfolgsgeschichte wie diese wohl anders geschrieben worden, zu Ende ist aber noch längst nicht. Wenn sich die Herren der automobilen Schöpfung 2016 bei Bedarf für eine Winterkorn-Nachfolge erneut zusammen setzen, wird sich zeigen wohin die Reise künftig weiter geht…

Fotos: VW

Redaktion

Redaktion von meinGOLF.de

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