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Ford Focus ST Diesel – was sagt eigentlich der Golf GTD dazu?

Eine gesunde Portion Extravaganz in der Optik, ordentlich Leistung aus einem Selbstzünder und das knallrote ST-Badge im Grill: Ist damit schon alles getan? Sicherlich nicht, so ein Ford Focus ST Diesel ist ja bisweilen noch grün hinter den Ohren, wogegen der Golf GTD schon einige Jahre an Erfahrung sammeln durfte. Dennoch wirken beide Modelle auf den ersten Blick ebenbürtig, wenn da nicht der Kavalierstart und die Vmax eine gesunde Differenz belassen würden…

Der Ford Focus ST Diesel leistet 185 PS

Was zuvor dem Golf sein GTI war, war dem Focus sein ST. Die Sportriege des Kompaktsegments lebt sowohl in Wolfsburg wie auch in Köln bereits längerem in den Genen ihrer Hersteller. Bisher durften die Fords oft latent die Nase vorn halten, wo Focus ST und RS zumindest in der Spitze etwas mehr Leistung abgaben als ihr norddeutsches Pendant. Doch beim neuen Ford Focus ST Diesel, den Ford mit der aktuellen Generation erstmals von der Leine lässt, sind die Zahlen der Konkurrenten auf den ersten Blick näher beieinander denn je. Doch Obacht: Dem Golf genügte zuvor schon etwas weniger Spitzenleistung, um ebenbürtige Sprints hinzulegen.

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Flott unterwegs dank 185 PS aus dem TDCi-Motor: Der Ford Focus ST Diesel.

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Das Aussehen des Ford Focus ST Diesel fällt im Vergleich zum Golf GTD extravagant aus.Mit einem 2.0 TDCi, der maximal 185 PS sowie 400 Nm abgibt, ist der Ford Focus ST Diesel vorerst bestens für den Kampf der Kompakten gerüstet. Das kräftige Drehmoment verspricht einen ordentlichen Durchzug, bei kombinierten 4,2 Litern Verbrauch orientiert man sich sogar schon direkt an den sparsamen TDIs von Volkswagen. Doch auch wenn die ersten Zahlen beinahe für den Ford Focus ST Diesel sprechen, ist das Rennen damit noch längst nicht gemacht. Der Golf GTD kann mit 184 Pferden und 380 Nm nämlich in 7,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 gelangen. Ein wenig gemein, wo der Golf doch ein äußerst flott schaltendes Doppelkupplungsgetriebe namens DSG in petto hat, muss der Focus sich mit seinen 8,1 Zählern aber leider klar geschlagen geben.

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In dunklem Grauton kann der Ford Focus ST Diesel sogar auf Understatement machen.

Das liegt zum einen sicherlich an der Schaltzeitverkürzung, die ein DSG zwangsläufig mit sich bringt, zum anderen baut der GTD sein maximales Drehmoment mit 1.750 Touren aber schon einen Tick früher auf – was beim Kavalierstart durchaus kriegsentscheidend ausfallen kann. Darüber hinaus fällt aber noch ein weiterer Wert ins Gewicht der Maxime: Der Kölner findet bei 217 Km/h seine Grenzen des Topspeeds während der Golf es bis Tempo 230 zu rennen versteht. Mit diesen Disziplinen lassen sich zwar Härtefälle einander gegenüber stellen. Die Frage, die jedoch bleibt: Wie realistisch ist die Situation, mit Vollgas an der Ampel zu starten und auf der Bahn bis ans Limit zu gehen? Ein Zwischensprint dürfte hier deutlich aussagekräftiger sein…

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Antritts- und durchzugsstark wie ein Sportwagen

Nimmt man einmal im Ford Focus ST Diesel Platz, fällt das Interieur zwar sportlich aber nicht überdeutlich scharf aus. Das Lenkrad ist ergonomisch geformt und teils mit rutschfestem Material bezogen. Abgesehen vom dezenten ST-Schriftzug fällt das Steuer aber nicht sonderlich auf, die Recaro-Sportsitze stechen da schon mehr ins Auge. Die Verarbeitung des Armaturenbretts wirkt schlicht und solide, für einen üblichen Preis oberhalb der 30.000 Euro könnte es allerdings noch wertiger ausfallen. Die Bedienelemente liegen gut zugänglich und strukturiert in der Mittelkonsole, am Lenkrad sind die kleinen Tasten allerdings nicht unbedingt etwas für Leute mit Wurstfingern.

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Hat man sich an diese Gegebenheiten des Ford Focus ST Diesel erst einmal gewöhnt, steht einer spritzigen Tour nichts mehr im Wege. Der Selbstzünder wirkt akustisch mehr zurückhaltend denn aufdringlich, was auch zugunsten der Drehzahlfreude ausfällt. Doch ähnlich unaufdringlich wie die Geräuschkulisse, gestaltet sich auch die gefühlte Beschleunigung. Ford hat an dieser Stelle einen bärenstarken Motor Einzug erhalten lassen, dessen Kräfte jedoch keineswegs zerrend wirken. Vielmehr gleitet der Ford Focus ST Diesel so flott über die Landstriche, dass einem Tempo 100 wie im Stadtverkehr vorkommt.

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Man möchte zwar noch nicht vom eleganten Kontraschall eines frisch gepellten Mondeos sprechen, aber die Laufruhe ist durchaus überzeugend. Doch viel erstaunlicher bleibt die gefühlte Behäbigkeit des Ford Focus ST Diesel bei beinahe phänomenaler Durchzugskraft. Sein relativ lang übersetztes manuelles 6-Gang-Getriebe ist durchaus für schaltfaule Menschen geeignet, die es zwar flink aber nicht unbedingt sportlich brauchen. Die Kraftentfaltung des Golf 7 GTD hingegen wirkt hier etwas agiler und druckvoller, wenn auch die wirkenden Momente unwesentlich anders ausfallen.

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Etwas mehr Sport hätte dem Ford Focus ST Diesel gut getan

Was äußerlich schon sehr knackig aussieht (man beachte einmal das futuristisch geformte und mittig platzierte Endrohr sowie das spezielle Felgendesign), könnte im Fahrgefühl gerne stärker hervortreten. Der Ford Focus ST Diesel agiert – rational betrachtet – zwar schon forsch und zielstrebig, emotional hält er sich dagegen weithin zurück. Die Schaltung ist knackig aber nicht übermäßig sportlich. Der Sprint klappt prima aber ohne den Fahrer in die Recaros zu pressen. Sein Sportfahrwerk bringt reichlich Spurstabilität in Kurven, allerdings fühlt man sich so komfortabel begleitet wie in einem Familien-VAN. Die Lenkung ist präzise, dürfte aber gerne straffer und weniger weich ausgelegt sein.

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Wer Sport mit Lifestyle und starker Emotion verbinden möchte, könnte beim Golf GTD womöglich besser aufgehoben sein. Das Exterieur wirkt zwar schlichter als das des Ford Focus ST Diesel, seine Fahreigenschaften verkörpern diesen Dreiklang aber besser. Die Differenzialsperre XDS+ gibt der ganzen Sache noch einen sportiveren Feinschliff, der Focus ST bekommt mit dem eTVC (Torque Vectoring Control) jedoch eine vergleichbare Version für die treibende Vorderachse verbaut. Preislich unterscheiden sich Konkurrenten im übrigen weniger: Der Focus Diesel beginnt bei 29.650 Euro (mit gemäßigter Ausstattung), der GTD liegt gut 500 Euro darüber – hat aber bereits Bi-Xenon-Lichter serienmäßig integriert.

Fotos: Ford

Redaktion

Redaktion von meinGOLF.de

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